Verkehrserschliessung von Neubauten: Gestaltung, Sicherheit und Integration

Eine gute Erschliessung entscheidet, ob Architektur funktioniert oder behindert.

Zufahrten, Wege und Parkierungen prägen den ersten Eindruck eines Neubaus – und oft auch seinen Alltag. Die Verkehrserschliessung gehört zu den sensibelsten Schnittstellen zwischen Architektur, Städtebau und Nutzung. Wer sie früh integriert, vermeidet Konflikte zwischen Ästhetik, Sicherheit und Funktion.

Grundlagen der Verkehrserschliessung im Kontext des Bauens



Verkehrserschliessung umfasst sämtliche Wege, Zufahrten und Flächen, die Gebäude mit dem öffentlichen Strassennetz verbinden. Sie betrifft Fussgängerinnen und Fussgänger, Velofahrende, den motorisierten Verkehr und zunehmend auch Logistik- und Rettungswege.

Im schweizerischen Planungsrecht wird die Erschliessung in der Regel im Rahmen der Baueingabe und der Parzellenerschliessung definiert. Dabei gilt: Kein Bau ohne gesicherte Zufahrt – und keine Erschliessung ohne Rücksicht auf Nachbarschaft und Umwelt.

Gestalterische Integration statt rein technischer Lösung

Zu oft wird Erschliessung als rein funktionale Aufgabe betrachtet. Dabei bestimmt ihre Gestaltung entscheidend, ob ein Gebäude harmonisch wirkt oder vom Verkehr dominiert wird.

Ein gutes Erschliessungskonzept kombiniert Linienführung, Materialwahl und Begrünung zu einem integralen Bestandteil der Architektur.
So entstehen Zugänge, die Orientierung geben, ohne Verkehrsflächen zu betonen.

  • Klare Wegführungen ohne Sackgassen und unnötige Kreuzungen
  • Vermeidung von zu breiten Zufahrten durch geschickte Geometrie
  • Materialkontraste (z. B. Naturstein, Beton, Asphalt) als visuelle Trennung
  • Einbindung von Beleuchtung, Entwässerung und Begrünung in die Gesamtgestaltung

Sicherheitsaspekte im Detail

Sicherheit in der Erschliessung bedeutet mehr als reine Normerfüllung. Entscheidend ist die Abstimmung zwischen unterschiedlichen Verkehrsträgern.
Trennungen müssen dort bestehen, wo Gefährdungspotenzial besteht – Begegnungszonen sind dort sinnvoll, wo Kommunikation erwünscht ist.


Tipp: Erschliessungsflächen nie als Restfläche behandeln – sie sind Teil der architektonischen Komposition und prägen die Wahrnehmung des Gebäudes.

Wichtige Grundprinzipien:

  • Übersichtliche Einmündungen und Blickachsen für alle Verkehrsteilnehmenden
  • Verkehrsberuhigte Bereiche vor Hauseingängen und Spielzonen
  • Trennung von Geh- und Fahrbereichen, wo Platzverhältnisse es erlauben
  • Barrierefreie Gestaltung nach Norm SN 640 075 und VSS 640 238
  • Witterungssichere Oberflächen mit rutschhemmender Textur


Integration in Städtebau und Landschaft

Im urbanen Raum besteht die Herausforderung darin, Erschliessungen kompakt, aber lesbar zu gestalten. Rampe, Treppe und Zugang sollen sich selbstverständlich in den Bestand einfügen.
In ländlichen oder topografisch anspruchsvollen Gebieten spielt die Einpassung in Geländeformen, Hangneigung und Vegetationsstruktur eine zentrale Rolle.

Beispiele für gute Integration:

  • Eingeschobene Zufahrten im Sockelgeschoss statt exponierte Rampen
  • Sanfte Geländeanpassung bei Hanglagen statt harter Stützmauern
  • Durchgrünte Parkflächen mit Rasengittersteinen oder Schotterrasen
  • Koordinierte Linienführung zwischen Fussweg, Strasse und Gebäudeachse

Mobilitätstrends und neue Anforderungen

Mit der Zunahme von E-Mobilität, Logistikdiensten und Sharing-Angeboten verändert sich die Funktion der Erschliessung. Ladeinfrastruktur, Abstellflächen für Velos und kompakte Lieferzonen sind inzwischen integrale Bestandteile moderner Bauplanung.

Neue Bauprojekte berücksichtigen deshalb:

  • Elektroladepunkte mit dezent integrierter Technik
  • Veloräume mit ebenerdiger Erschliessung und ausreichend Bewegungsraum
  • Lieferflächen, die den Betrieb nicht stören, aber leicht erreichbar bleiben
  • Gemeinschaftlich nutzbare Stellplätze für Car-Sharing oder Besuchende

Tipp: Ladezonen und Veloflächen am Rand des Hauptwegs platzieren – so bleiben Zugänge frei und Blickbezüge erhalten.

Baurechtliche und technische Rahmenbedingungen

Die Erschliessung ist in der Schweiz baurechtlich klar geregelt. Vorgaben stammen aus Bau- und Zonenordnungen, kantonalen Richtlinien sowie Normen des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA) und des Verbands Schweizer Strassen- und Verkehrsfachleute (VSS).

Wichtige Bezugswerke sind etwa:

  • SIA 500 (barrierefreies Bauen)
  • VSS-Norm 640 075 (Erschliessungsplanung)
  • SN 640 238 (Fussgängerverkehr)
  • SN 640 241 (Parkierung)

Diese Normen definieren nicht nur Dimensionen und Sicherheitsabstände, sondern auch Anforderungen an Gefälle, Witterungsbeständigkeit und Entwässerung.

Fazit

Eine gute Verkehrserschliessung ist unsichtbare Architektur – sie funktioniert selbstverständlich und integriert sich harmonisch.
Wer Gestaltung, Sicherheit und Integration gleichwertig behandelt, schafft Bauwerke, die langfristig überzeugen.
Die Erschliessung ist kein Zusatz, sondern Fundament funktionaler und ästhetischer Architektur.

 

Quelle: bauenaktuell.ch-Redaktion
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