Tierleid ohne Ende: Handlungsbedarf bei Tiertransporten an EU-Grenzen

Seit 15 Jahren dokumentieren Animal Welfare Foundation (AWF) und Animals` Angels (AA) die Folgen von Tierexporten aus der Europäi-schen Union (EU) in die Türkei.

Immer wieder bleiben Tiertransporte an der Grenze im sogenannten Niemandsland zwischen Bulgarien und der Türkei stecken. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen melden AWF und AA einen Tiertransport mit Rindern. Dieser wird seit dem 18. Oktober 2024 festgehalten und darf weder in die Türkei einfahren noch in die EU zurückkehren.

Geladen sind 47 Rinder aus Rumänien. „Die Tiere müssen seit sieben Tagen im Fahrzeug ausharren, ihre Überlebenschancen verschlechtern sich stündlich. Sie können sich nicht hinlegen, es mangelt an Wasser und Futter. Ein Tier ist bereits gestorben und liegt seit Tagen zwischen den lebenden Tieren“, berichten Iris Baumgärtner (AWF) und Helena Bauer (AA). Die Tierschutzorganisationen fordern die Ampel-Regierung und EU-Kommission auf, den Export von Tieren in die Türkei auszusetzen.



Im akuten Drama an der bulgarisch-türkischen Grenze wurde der Tiertransport mit 47 Färsen auf der EU-Seite der Grenze abgewickelt, er darf jedoch nicht die türkische Grenze passieren. Begründet wird das Einreiseverbot damit, dass die Tiere aus einer Region um Constança, Rumänien, stammen, die seit Juli 2024 vom Ausbruch der «Peste des petits ruminants» (Schaf- und Ziegenpest, PPR) betroffen ist. Diese Begründung unterstreicht einmal mehr, dass es keine klaren Regelungen und Notfallpläne für die Abfertigung von Tiertransporten an dieser EU-Aussengrenze gibt.

Fachinformationen belegen, dass die Tierseuche PPR vor allem Schafe und Ziegen betrifft. Rinder übertragen das PPR-Virus nicht auf andere Tiere1. Dennoch dürfen die Tiere nicht in die Türkei einreisen und auch nicht zurück in die EU. AWF und AA fordern die Ampelregierung und vor allem Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zum Handeln auf und die EU-Kommission, Tierexporte in die Türkei umgehend auszusetzen.

Erst kürzlich wurden zwei Transporte mit insgesamt 69 trächtigen Färsen aus Deutschland vier Wochen lang (16.09 – 14.10.2024) innerhalb der türkischen Grenze Kapıkule unter katastrophalen Bedingungen festgehalten. AWF und AA waren vor Ort: “Das Leid und Elend, das diese Tiere erleben mussten, ist unvorstellbar: knietief in ihren eigenen Exkrementen an Bord der Transporter eingesperrt, abgemagert und erschöpft, brachten sie ihre Kälber zur Welt.

Insgesamt starben 13 Kälber und sieben Färsen. Es ist nicht akzeptabel und ethisch nicht zu vertreten, dass sich dieses Tierschutzverbrechen erneut wiederholen soll,” klagt Iris Baumgärtner (AWF) die Verantwortlichen an. Auch der Tod der 69 Färsen und ihrer Kälber wurde verursacht durch das wochenlange Festhalten der deutschen Färsen im Niemandsland der Grenze, weil sie aus einer Region stammten, die von der Blauzungenkrankheit (BTV) betroffen ist.

Es sind keine Einzelfälle. “Im September 2023 wurden Rinder aus Rumänien unter ähnlich katastrophalen Bedingungen festgehalten. Mehrere Tiere starben und die überlebenden Rinder wurden trotz ihres sehr schlechten Gesundheitszustands schliesslich in den Irak weitertransportiert”, so Helena Bauer (AA). Derartige Fälle dokumentieren die Teams von Animals´ Angels und der Animal Welfare Foundation seit 15 Jahren regelmässig an dieser EU-Aussengrenze. Steckt ein Tiertransport fest, braucht es Tage bis Wochen, um eine Lösung zu finden.

“Leidtragende sind die Tiere, die unwürdigen, lebensbedrohlichen Bedingungen und fehlender Versorgung ausgesetzt sind”, kritisiert Helena Bauer (AA).

Trotz wiederholter Beschwerden bei den zuständigen Behörden der EU-Mitgliedstaaten, der EU-Kommission und der Türkei hat sich die Situation nicht verbessert.

„Ob ein Tiertransport beide Grenzposten passieren darf, erinnert an russisches Roulette“, so die Tierschutzorganisationen und fordern Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zum wiederholten Mal auf, sich nicht aus der Verantwortung zu stehlen mit einem Verweis auf die Zuständigkeit der EU. „Wir fordern von den Abgeordneten der Regierungsparteien, dass sie sich für ein nationales Lebendtierexportverbot einsetzen und dies im zurzeit diskutierten neuen Tierschutzgesetz verankern.“

 

Quelle: Animal Welfare Foundation
Bildquelle: Animal Welfare Foundation