Bären in Graubünden: Chancen und Herausforderungen für Mensch und Natur
von belmedia Redaktion Allgemein Natur & Umwelt News Schweiz tierwelt.news Wildtiere
Bären kehren allmählich in Graubünden zurück. Das weckt Hoffnungen, aber auch Vorbehalte. Die Präsenz von Bären in Graubünden sorgt für intensive Diskussionen. Naturschutzziele, Wildtiermanagement und touristische Interessen kollidieren mit Herausforderungen für Land- und Forstwirtschaft, Verkehrssicherheit und Bevölkerungsschutz.
Der Beitrag beleuchtet diese Dimensionen umfassend und zeigt Möglichkeiten auf, wie Mensch und Wildtier nebeneinander bestehen können – mit Vertrauen, Vorsicht und klaren Regeln.
Bärengeschichte im Alpenraum
Der Eurasische Braunbär war früher in den Alpen weit verbreitet. Heutige Populationen stammen meist aus dem italienischen Parco Nazionale dello Stelvio. Einzelne Männchen wie „M13“ wanderten von Italien über die Schweiz bis nach Deutschland. Ohne reproduktionsfähige Population ausserhalb Italiens ist die Bärenpräsenz in Graubünden bisher sporadisch und geprägt von Einzelgängern.
Stand der Dinge
- Bisher keine Brutpopulation in der Schweiz – nur gelegentliche Einwanderer.
- Das nationale Bärenmonitoring erfasst Sichtungen, Schnecken- und Kotproben.
- Graubünden gilt als Transitzone für einzelne, oft junge, Bären.
Bedeutung für Ökologie und Biodiversität
Bären haben eine Schlüsselrolle als Aasfresser und als «Landscapeshaper». Ihr Einfluss erstreckt sich auf Pflanzen- und Insektenstandorte wie auch auf die Raubtierbeziehungen.
Ökologische Wirkung
- Aasentsorgung: Bären beseitigen tote Wildtiere und verringern Krankheitsübertragung.
- Verhaltensänderung bei Beutetieren: Hirsche und Rehe vermeiden bewohnte Gebiete; dadurch entstehen lokale Vegetationsveränderungen.
- Bauen häufig Gruben (Wühlstellen), die die Bodenstruktur auflockern und neue Mikrohabitate schaffen.
Herausforderungen im Bündner Alltag
Graubünden ist geprägt von Viehzucht, Tourismus, Infrastruktur und dünner Besiedlung – ideale Voraussetzungen für naturnahe Nutzungen, jedoch kaum konfliktfrei bei Grossraubtieren.
Liebschaft Kuh gegen Bär?
- Bären können sich an Haustieren wie Schafen oder Ziegen versuchen – vor allem wenn sie Zugang zu Weiden haben.
- Schutzmassnahmen wie Elektrozäune, Herdenschutzhunde oder Nachtstallungen kosten Aufwand und Geld.
- Versicherungslösungen bei Verletzungen oder Todesfällen von Nutztieren sind oft nicht zweifelsfrei geregelt.
Touristische Aspekte
- Bewusste Bärenbeobachtung kann Tourismusdynamik fördern – Wildtier-Safaris könnten saisonale Zusatzeinnahmen bringen.
- Infrastruktur wie Leitsysteme, Infotafeln und Schutzräume stärkt Sicherheit bei Wandernden und Fördert Bildung.
- Angstminderung: Verständnis für Bärenverhalten hilft, Fehlinterpretationen zu vermeiden.
Reaktionsmuster und kantonaler Umgang
Die Politik und Verwaltung in Graubünden arbeiten an Konzepten für eine Baseline bei Bärenpräsenz. Sie orientieren sich an internationalen Beispielgebieten.
Bürgernahes Monitoring und Alarmierung
- Digitale Plattform für Bärenmeldungen hilft dem Kanton, schnell zu reagieren.
- Kooperation mit Naturpark-Organisationen mobilisiert lokale Einwohner für Prävention und Beobachtung.
Schadenregulierung
- Strukturierter Schadenersatz für Nutztiere, gleich wie bei Wölfen und Luchsen.
- Waldfutter-Verlust bei Jungwaldflächen wird mit Weideprämien abgegolten.
- Gasthof-Betriebe mit Bear-Safaris können vom Marketing helfen – sofern klar definiert.
Strategien für den Zusammenlebensmodus
Ein nachhaltiges Zusammenleben setzt auf drei Säulen: Prävention, Beteiligung und Bildung.
Prävention
- Elektrozäune, verschliessbare Nachtstallungen und Schutzmittel für Weideflächen einsetzen.
- Informationsblätter für Touristengebiete, wie Verhalten bei Bärenkontakt.
- Individuelle Massnahmenpakete der Gemeinden nach Lebensraumprofil entwickeln.
Beteiligung
- Foren mit Bauern, Förstern, Tourismusvertretern, Jagdgesellschaften und Öko-Organisationen etablieren.
- Regionale Betreuungsteams zur Schadensanalyse und Beratung einsetzen.
Bildung
- Schulprojekte zu Bär und Alpenumwelt fördern.
- Infozentren mit Ausstellungen zu Grossraubtierökologie schaffen.
- Online-Tools für Selbsttests: Verhalten bei Bären auf Wanderungen quizartig erlernen.
Perspektiven für das Bündner Modell
Graubünden steht im europäischen Grossraubtierverbund. Seine geografische Lage macht es zu einem Nervenzentrum für künftige Populationen. Langfristig wird ein funktionierender „Zusammenlebens-Fahrplan“ Graubünden zum Modellkanton für Menschen und Grossraubtiere machen – wenn die Massnahmen konsequent und vernetzt umgesetzt werden.
Fazit
Die Vorteile sind vielseitig: Gesunde Ökosysteme, neue Bildungsangebote, nachhaltiger Tourismus und starke regionale Identität. Andererseits erfordert das Modell Mut zu Investitionen, Bereitschaft zu Kompromissen und eine langfristige Perspektive über einzelne Legislaturzyklen hinaus.
Quelle: tierwelt.news-Redaktion
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